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Brief für Steuerpflichtige im Privatbereich des Monats Juli 2013


Sehr geehrte Damen und Herren,


der Ihnen nun vorliegende Brief möchte Sie über wesentliche, vollzogene oder geplante Änderungen im Steuer- und Wirtschaftsrecht der letzten Monate informieren und Ihnen Anlass bieten, auch bestehende Sachverhalte zu überprüfen.

Bitte lesen Sie im Einzelnen:


Inhalt

1.

Minderung der Grunderwerbsteuer durch Verlagerung von Erwerbsnebenkosten

2.

Nachträgliche Option zur Umsatzsteuer kostet Zinsen

3.

Pkw ist kein Reisegepäck

4.

Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung?

5.

Nutzungsüberlassung eines Grundstücks trotz Zwangsverwaltung?

6.

Wann liegen steuerbegünstigte Zusatzleistungen zum Arbeitslohn vor?

7.

Die Toilette eines Betriebsprüfers ist kein Arbeitszimmer

8.

Künstlererlass: Bei Bescheinigungsvergabe gelten bald strengere Regeln

9.

Versicherungsbeiträge sind nicht lebensnotwendig

10.

Wann wird erneuter Verpflegungsmehraufwand gewährt?

11.

Auslandskorrespondenten-Tätigkeit ist im Inland steuerfrei

12.

Benzin statt Diesel im Tank – beteiligt sich das Finanzamt daran?

13.

Pfeildiagramm ist kein Testament

14.

Unterhaltspflicht bei spät aufgenommenem Studium

15.

Kindergeld für inhaftiertes und vom Studium beurlaubtes Kind?

16.

Neues zum gewerblichen Grundstückshandel

17

Anpassung von Genussscheinbedingungen nach EAV-Abschluss

18.

Auf Urlaubsabgeltung kann verzichtet werden

19.

Beschränkte Haftung von Scheinselbständigen

20.

BMF duldet günstigere Bewertungsmethode für Sachbezüge

21.

Eigenanteil des Arbeitnehmers beim Dienstwagen richtig vereinbaren

22.

Restschuldbefreiungsverfahren wird verkürzt

23.

Deutsch-französischer Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft ab 1.5.13

24.

Kein Auskunftsanspruch des abgelehnten Bewerbers wegen AGG Ansprüchen

25.

Übernachtung zu 7 %, Frühstück zu 19 %: kann es dabei bleiben?

26.

Abgrenzung Werkvertrag oder unzulässige Arbeitnehmerüberlassung

27.

Erfolgreiche Klage wegen überlanger Dauer eines Finanzgerichtsverfahrens



1. Minderung der Grunderwerbsteuer durch Verlagerung von Erwerbsnebenkosten

Kernproblem
Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer (GrESt) ist üblicherweise der im Kaufvertrag festgelegte Kaufpreis des Grundstücks. Im Normalfall trägt der Käufer aufgrund gesetzlicher Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) die Kosten für Notar und Grundbuch. Die Grunderwerbsteuer wird zwar gesetzlich von beiden Parteien geschuldet, aber meistens durch Vereinbarung im Kaufvertrag komplett dem Käufer auferlegt. Es kommt allerdings auch vor, dass der Verkäufer die Nebenkosten des Verkaufs übernimmt. Hiermit werben u. a. Bauträger, wenn sich Objekte nur schwer an den Mann bringen lassen. Ob und inwieweit sich dies auf die Grunderwerbsteuer auswirkt, war Gegenstand eines Rechtsstreits vor dem Bundesfinanzhof (BFH).

Sachverhalt
Im Kaufvertrag über den Erwerb einer Eigentumswohnung hatte der Käufer wie üblich die Nebenkosten übernommen. Gleichzeitig verpflichtete sich der Verkäufer jedoch zur Rückerstattung, wenn die Zahlung des Kaufpreises sichergestellt war. Die Grunderwerbsteuer wurde auf den vereinbarten Kaufpreis von 98.000 EUR festgesetzt und mit 3.430 EUR entrichtet. Nachdem das Eigentum an der Wohnung übergegangen war, beantragte der Käufer die Änderung des bestandskräftigen Bescheids, weil ihm Kosten für Notar, Grundbuch und Finanzierung von 8.172 EUR neben der Grunderwerbsteuer erstattet wurden. Einspruch und Klage blieben erfolglos, weil in der Kostenübernahme eine eigene Verpflichtung ohne Auswirkung auf den Kaufpreis der Wohnung gesehen wurde. Der Bundesfinanzhof (BFH) beurteilte das anders.

Entscheidung
Nach Auffassung des BFH ist der Kaufpreis anteilig für den Grundstückserwerb und den Erwerb eines Kostenerstattungsanspruchs aufzuteilen. Der Grunderwerbsteuer unterliege nur der Grunderwerb, so dass der vereinbarte Kaufpreis um den Wert des erworbenen Erstattungsanspruchs zu mindern sei. Das gelte allerdings nicht für die erstattete Grunderwerbsteuer, denn diese beeinflusse ihre eigene Bemessungsgrundlage nicht. Der BFH sah jedoch noch verfahrensrechtliche Bedenken und verlangt vom Finanzgericht die Klärung, ob den Käufer an dem nachträglichen Bekanntwerden ein grobes Verschulden trifft, das eine Änderung ausschließt. Die vom Gesetz unabhängig davon eingeräumte Änderungsmöglichkeit bei Herabsetzung des Kaufpreises innerhalb von 2 Jahren sieht der BFH als nicht erfüllt an, weil hiervon nur nachträglich vereinbarte Preisminderungen betroffen seien. Gerade das unterstellt der BFH im Streitfall nicht.

Konsequenz
Um verfahrensrechtliche Bedenken in ähnlichen Fällen auszuschließen, sollte der Erstbescheid durch Einspruch offengehalten werden. Hinsichtlich der übernommenen Grunderwerbsteuer hat der BFH selbst in seiner Pressemitteilung angemerkt, dass es steuerlich günstiger sei, wenn der Käufer die Steuer selbst trage und stattdessen ein geminderter Kaufpreis vereinbart werde.

2. Nachträgliche Option zur Umsatzsteuer kostet Zinsen

Kernaussage
Nachzahlungen und Erstattungen zur Umsatzsteuer werden mit 6 % p. a. verzinst. Wird z. B. nachträglich Umsatzsteuer beim leistenden Unternehmer erhoben, so wird diese verzinst, obwohl der Leistungsempfänger keinen Vorsteuerabzug hieraus hatte, dem Fiskus also kein Schaden entstanden ist. Unter Einbezug der Verzinsung verbleibt es aber nicht bei einem Nullsummenspiel, da die Umsatzsteuer rückwirkend erhoben wird, der Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug nach Auffassung der Finanzverwaltung aber erst mit Erhalt der Rechnung geltend machen kann. In der Zwischenzeit profitiert der Fiskus von der Verzinsung, was nicht nur von den Betroffenen als ungerecht empfunden wird, sondern auch in der Fachliteratur zur Debatte gestellt wurde. Nun hatte sich der Bundesfinanzhof (BFH) mit der Thematik zu befassen.

Sachverhalt
Ein Unternehmer verkaufte in 2002 ein Grundstück steuerfrei. In 2009 optierte er nachträglich zur Umsatzsteuer. Das Finanzamt setzte daraufhin Aussetzungs- und Nachforderungszinsen in Höhe von 3.220.844 EUR fest. Sowohl ein Erlassantrag beim Finanzamt, als auch die Klage vor dem Finanzgericht scheiterte. Die Revision beim BFH ließ das Finanzgericht nicht zu, hiergegen legte der Unternehmer Beschwerde ein.

Entscheidung
Der BFH lehnte die Beschwerde ab. Er verwies darauf, dass durch die Rechtsprechung geklärt ist, dass eine Umsatzsteuernachforderung zu verzinsen ist, auch dann, wenn sie alleine auf einen nachträglichen Verzicht auf die Steuerfreiheit beruht. Die in der Literatur vorgebrachten Bedenken teilt der BFH nicht.

Konsequenz
Derzeit muss die Verzinsung wohl akzeptiert werden. Allerdings besteht insoweit Hoffnung, als die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) die rückwirkende Korrektur von Rechnungen unter bestimmten Voraussetzungen zulässt. In diesem Fall stünde der Verzinsung der Nachforderung des Unternehmers zumindest ein ebenfalls zu verzinsender Vorsteuererstattungsanspruch entgegen. Im Hinblick auf Grundstücksveräußerungen ist anzumerken, dass ein solcher Fall nach der derzeitigen Rechtslage nicht mehr möglich ist, da nunmehr der Erwerber des Grundstückes Schuldner der Umsatzsteuer ist (Reverse Charge) und die Option zur Umsatzsteuer nur noch bis zur formalen Bestandskraft des Umsatzsteuerbescheides des Jahres des Erwerbs möglich ist.

3. Pkw ist kein Reisegepäck

Kernaussage
Einfuhren aus Drittländern unterliegen grundsätzlich dem Zoll und der Einfuhrumsatzsteuer. Allerdings sind Reisemitbringsel bis zu 300 EUR, von Ausnahmen abgesehen, hiervon befreit. Das persönliche Reisegepäck bleibt bei Ermittlung dieser Wertgrenze außen vor. Die Meinungen darüber, was als persönliches Reisegepäck zu verstehen ist, können jedoch schon einmal differieren.

Sachverhalt
Der Kläger kaufte einen gebrauchten Pkw in der Schweiz für ca. 250 EUR. Diesen meldete er bei seiner Rückkehr nach Deutschland beim Zoll an, der Einfuhrabgaben in Höhe von EUR 77,94 festsetzte. Hiermit war der Kläger nicht einverstanden. Er vertrat die Ansicht, dass er den Pkw im Rahmen des Reiseverkehrs befreit eingeführt habe. Zum einen sei der Pkw für seinen persönlichen Gebrauch bestimmt und er habe diesen auch bei der Einfuhr mit sich geführt. Zum anderen sei auch die Wertgrenze von 300 EUR nicht überschritten. Das beklagte Hauptzollamt wandte dagegen ein, ein Pkw sei kein Reisegepäck.

Entscheidung
Das Finanzgericht Baden-Württemberg kam unter anderem – unter Zuhilfenahme des Dudens – zu dem Ergebnis, dass ein Gepäckstück ein einzelner Gegenstand z. B. Koffer sei bzw. ein Behältnis, das dem Transport persönlicher Gegenstände dient. Den Definitionen folgend, folgerte das Gericht "messerscharf", dass ein Pkw weder ein Gepäckstück sei, noch einem solchen ähnele bzw. von der Größe her nicht als Gepäckstück gelten könne. Ferner betrifft nach Ansicht des Finanzgerichts die Wertgrenze von 300 EUR nur Waren, die im persönlichen Reisegepäck eingeführt werden und stellt daher keine allgemein anzuwendende Wertgrenze dar. Das Finanzgericht wies die Klage daher ab.

Konsequenz
Nur Waren die im Reisegepäck mitgeführt werden, können bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen steuerfrei eingeführt werden. Solange ein Pkw nicht in einen Rucksack passt, ist seine Einfuhr daher nicht begünstigt.

4. Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung?

Kernaussage
Die durch Ehescheidungsverfahren entstandenen Prozesskosten sind, soweit sie unmittelbar und unvermeidbar durch die prozessuale Durchführung des Eheverfahrens entstanden sind, als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Die übrigen mit der Scheidung zusammenhängenden Kosten sind hingegen nicht als außergewöhnliche Belastungen abziehbar.

Sachverhalt
Der Kläger machte in seinen Einkommensteuererklärungen 2006 und 2007 Kosten für ein Ehescheidungsverfahren als außergewöhnliche Belastung geltend. Hierbei handelte es sich neben den Kosten für die Ehescheidung auch um Rechnungen für den Kindes- und Trennungsunterhalt, den Prozesskosten- und Gerichtskostenvorschuss, das Gerichtsverfahren sowie den Zugewinn; bei diesen Sachverhalten war der Kläger anwaltlich beraten worden. Das Finanzamt beurteilte allerdings nur die unmittelbaren und unvermeidbaren Kosten des Scheidungsprozesses – Kosten für Scheidung und Versorgungsausgleich – als zwangsläufig und erkannte dementsprechend nur diese Kosten als an.

Entscheidung
Das Finanzgericht wies die Klage hinsichtlich der Anerkennung der übrigen Kosten als außergewöhnliche Belastung ab. Nach dem Einkommensteuergesetz wird die Einkommensteuer ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl vergleichbarer Steuerpflichtiger (Einkommens- und Vermögensverhältnisse, Familienstand) erwachsen. Aufwendungen sind dann zwangsläufig, wenn sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entzogen werden kann. Des Weiteren müssen die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sein und dürfen einen angemessenen Betrag nicht übersteigen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind bei Aufwendungen anlässlich einer Ehescheidung die mit dem Gerichtsverfahren zusammenhängenden Kosten (Gerichts- und Anwaltskosten für Scheidung und Versorgungsausgleich) unabhängig von der Schuldfrage als zwangsläufig anzusehen. Alle weiteren mit der Scheidung zusammenhängenden Kosten (vermögensrechtliche Regelungen, Ehegatten- /Kindesunterhalt, Umgangs- und Sorgerecht) sind nicht zwangsläufig, da sich die damit zusammenhängenden Sachverhalte auch ohne Mitwirkung des Gerichts klären lassen.

Konsequenz
Einzig die zwangsweise entstehenden Ehescheidungskosten sind als außergewöhnliche Belastung abziehbar. Für alle darüberhinausgehenden Kosten ist aus steuerlicher Sicht zu raten, dass eine außergerichtliche Einigung erzielt werden sollte.

5. Nutzungsüberlassung eines Grundstücks trotz Zwangsverwaltung?

Kernaussage
Durch die Beschlagnahme im Rahmen der Zwangsverwaltung endet die vom Grundstückseigentümer an eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Gesellschafterbeitrag gewährte Nutzungsüberlassung.

Sachverhalt
Der Zwangsverwalter macht im Wege der Klage die Zahlung rückständiger Mieten für ein Ladenlokal sowie dessen Herausgabe und Räumung geltend. Eigentümer des unter Zwangsverwaltung stehenden Grundstücks und Schuldner der Forderungen sind 3 Familienangehörige zu jeweils 1/3, unter ihnen der Ehemann der Beklagten. Die 3 Familienangehörigen gründeten 1987 eine gemeinsame GbR, der sie diverse Grundstücke zur Nutzung überließen. Später vermietete dann die GbR das Ladenlokal an die Beklagte.

Entscheidung
Der BGH entschied in der letzten Instanz, dass dem Zwangsverwalter kein Anspruch auf die Miete zusteht. Die Beschlagnahme des Grundstücks erfasste hier nicht die Mietforderung. Denn die Mietforderung steht hier der von den Eigentümern verschiedenen Außen-GbR zu, die selbst Träger von Rechten und Pflichten ist. Allerdings steht dem Zwangsverwalter ein Anspruch auf Herausgabe des Ladenlokals zu. Das ursprünglich zwischen der Beklagten und der GbR aus dem Mietvertrag bestehende Besitzmittlungsverhältnis ist durch die Beschlagnahme des Grundstücks erloschen. Demnach kann sich die Beklagte auch nicht mehr auf ein Recht zum Besitz berufen und muss das Grundstück herausgeben. Soweit schuldrechtliche Räumungsansprüche verfolgt werden, bestehen sie nicht. Es fehlt am schuldrechtlichen Verhältnis zwischen den Parteien. Ein solches bestand nur zwischen der GbR und der Mieterin.

Konsequenz
Die Entscheidung zeigt, dass im Falle der Zwangsverwaltung sehr schwierig zu bestimmen ist, was genau von dieser umfasst ist. Weiter wird deutlich, dass zwischen der GbR und anderen Personen strikt zu trennen ist.

6. Wann liegen steuerbegünstigte Zusatzleistungen zum Arbeitslohn vor?

Kernproblem
Die Lohnsteuer macht im jährlichen Wettstreit mit der Umsatzsteuer den höchsten Anteil des Steueraufkommens aus. Damit das planbar bleibt, sind Steuervergünstigungen im Lohnsteuerrecht eher selten oder es profitieren nur wenige davon (wie z. B. bei der Steuerfreiheit für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit). Von praktischer Relevanz sind insbesondere die vom Arbeitgeber gewährten Vorteile für Kinderbetreuungsleistungen, IT-Leistungen, Fahrtkostenzuschüsse oder die Ausnutzung des Freibetrags von 44 EUR für Sachbezüge. Auch der Arbeitgeber kann von Steuerfreiheiten oder Pauschalierungen profitieren, weil damit häufig eine Sozialversicherungsfreiheit verbunden ist. Sollen die Leistungen begünstigt sein, müssen sie "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" gezahlt werden. Zur Auslegung hatte der Bundesfinanzhof (BFH) seine Rechtsprechung verschärft. Die Finanzverwaltung zeigt sich jedoch großzügiger.

Rechtsprechung des BFH
Der BFH hat Ende des vergangenen Jahres entschieden, dass der ohnehin geschuldete Arbeitslohn den arbeitsrechtlich geschuldeten Lohn darstellt und Zusatzleistungen nur freiwillige Leistungen sein können. Die bisherige BFH-Rechtsprechung setzte lediglich voraus, dass die zweckbestimmte Leistung zu dem Arbeitslohn hinzukommt, den der Arbeitgeber aus anderen Gründen schuldet. Dass die zusätzliche Leistung auf freiwilliger Basis erfolgen muss, hat der BFH bisher nicht gefordert. An der neuen Rechtsprechung wurde u. a. deswegen Kritik geäußert, weil die Steuererleichterung davon abhängig gemacht werde, dass die begünstigenden Vorteile nur nach "Gutsherrenart" und jederzeit entziehbar gewährt würden.

Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF)
Die Finanzverwaltung hat die neue Rechtsprechung mit einem Nichtanwendungserlass belegt. Danach gilt aus Gründen des Vertrauensschutzes und der Kontinuität der Rechtsanwendung weiterhin Folgendes: Kommt die zweckbestimmte Leistung zu dem Arbeitslohn hinzu, den der Arbeitgeber schuldet, ist das Tatbestandsmerkmal "zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn" auch dann erfüllt, wenn der Arbeitnehmer arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage einen Anspruch auf die zweckbestimmte Leistung hat.

Konsequenz
Eine zusätzliche Leistung liegt damit wie bisher auch dann vor, wenn sie unter Anrechnung auf eine andere freiwillige Sonderzahlung, z. B. freiwillig geleistetes Weihnachtsgeld, erbracht wird. Unschädlich ist es, wenn der Arbeitgeber verschiedene zweckgebundene Leistungen zur Auswahl anbietet oder die übrigen Arbeitnehmer die freiwillige Sonderzahlung erhalten. Dagegen sind reine Gehaltsumwandlungen schädlich.

7. Die Toilette eines Betriebsprüfers ist kein Arbeitszimmer

Kernproblem
Wenn es um die Absetzbarkeit des häuslichen Arbeitszimmers geht, gilt es mit Begriffen wie dem "qualitativen und quantitativen Mittelpunkt der Tätigkeit" umzugehen. Die Finanzgerichte beschäftigen sich mit dem entsprechenden Berufsbild und beurteilen am Ende, wo die für den ausgeübten Beruf wesentlichen und prägenden Handlungen vorgenommen werden. Wenn man beruflich mit Menschen zu tun hat und diese nun mal nicht zu Hause trifft, dann ist das meistens woanders. Das gilt selbst dann, wenn im Arbeitszimmer die meiste Zeit verbracht wird. Alle Professoren, Dozenten und Handelsvertreter können ein Lied davon singen. Wenn man glaubt, jeden Fall irgendwie schon mal gehört zu haben, gibt es jedoch Entscheidungen, die einen aufhorchen lassen. So schrieb das Finanzgericht Baden-Württemberg in einer Pressemitteilung: "Toilette kein Arbeitszimmer". Was war geschehen?

Sachverhalt
Einem Betriebsprüfer stand ein Arbeitsplatz im Finanzamt zur Verfügung. Sein Dienstherr gestattete ihm die Möglichkeit der zeitweiligen Dienstverrichtung zu Hause. Hierfür renovierte der Prüfer seine Privatwohnung und richtete sich ein häusliches Arbeitszimmer ein. In seinem Steuerbescheid wurde zunächst ein eingeschränkter Abzug von 1.250 EUR gewährt. Im Einspruchsverfahren beantragte er den vollen Kostenansatz, weil er die meisten seiner Prüfungshandlungen im Arbeitszimmer durchführe. Aber nicht nur das: Die Verrichtung seiner Notdurft im Gäste-WC sollte nach dem von ihm geführten Toilettentagebuch zu 73,58 % beruflich veranlasst sein, denn er nutze die Toilette ca. 9 bis 10 mal täglich, davon 8 bis 9 mal beruflich. Folglich sollten auch die Renovierungskosten der Toilette in dem Verhältnis abzugsfähig sein. Das Finanzamt strich ihm jedoch auch den eingeschränkten Abzug, weil ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand.

Entscheidung
Weder ein Toilettentagebuch noch Argumente wie "für die Nutzung einer im Betriebsvermögen befindlichen Toilette würde auch kein Eigenverbrauch angesetzt" oder der Vergleich mit Hotelübernachtungen bei doppelter Haushaltsführung ohne Kürzung für eine private Toilettennutzung halfen weiter. Die Begründung des rechtskräftigen Urteils ist wieder Standard: Prägend seien die Handlungen im Außendienst, selbst wenn der Fachprüfer für geschlossene Immobilienfonds die meiste Zeit im Arbeitszimmer verbringe. Das gelte dann "erst recht" für die Toilette, denn bei dieser handele es sich nicht um einen betriebsstättenähnlichen Raum, sondern ein privates Gäste-WC, das auch während der Dienstzeit genutzt würde. Hierdurch bestehe jedoch kein besonderer beruflicher Zusammenhang.

Konsequenz
Die Entscheidung wundert nicht, wird dem Betriebsprüfer jedoch nicht gefallen.

8. Künstlererlass: Bei Bescheinigungsvergabe gelten bald strengere Regeln

Kernproblem
Eine nichtselbständige Tätigkeit übt aus, wer in der Betätigung des geschäftlichen Willens unter der Leitung eines Arbeitgebers steht oder in den geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers eingegliedert und dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Dabei kommt es bei der Abgrenzung zwischen selbständiger Tätigkeit und nichtselbständiger Arbeit nicht so sehr auf die formelle vertragliche Gestaltung, z. B. auf die Bezeichnung als freies Mitarbeiterverhältnis, als vielmehr auf die Durchführung der getroffenen Vereinbarung an. Die Finanzverwaltung hat zur Abgrenzung im Jahr 1990 den so genannten "Künstlererlass" veröffentlicht. Der Erlass behandelt jedoch, anders als der Begriff vermuten lässt, nur bestimmte Vertragsverhältnisse und nicht alle kunstwerkschaffenden Künstler.

Näheres zum Künstlererlass
Die Regelungen betreffen künstlerische Tätigkeiten bei Theaterunternehmen, Kulturorchestern, Hörfunk und Fernsehen sowie bei Film- und Fernsehfilmproduzenten. Dabei werden hauptsächlich die freien Mitarbeiterverhältnisse bei Hörfunk und Fernsehen unter die Lupe genommen. In einem "Negativkatalog" sind Berufsgruppen genannt, die im Allgemeinen selbständig sind, soweit sie nur für einzelne Produktionen (z. B. ein Fernsehspiel, eine Unterhaltungssendung oder einen aktuellen Beitrag) tätig werden. Zu den 33 genannten Gruppen gehören Personen vor und hinter der Kamera bzw. dem Mikrofon, d. h. es ist der Journalist, Quizmaster oder Moderator ebenso betroffen, wie der Regisseur oder Kostüm- und Bühnenbildner. Von vornherein auf Dauer angelegte Tätigkeiten der freien Mitarbeiter sind grundsätzlich als nichtselbständig einzustufen, selbst wenn mehrere Honorarverträge abgeschlossen werden.

Bescheinigungen und Anweisung der OFD Münster
Gehört ein freier Mitarbeiter aus Hörfunk und Fernsehen nicht zu einer der im Negativkatalog genannten Berufsgruppen, kann auf Grund besonderer Verhältnisse des Einzelfalls die Tätigkeit gleichwohl selbständig sein. Ist das der Fall, erteilt ihm sein Finanzamt auf Antrag nach Abstimmung mit dem Betriebsstättenfinanzamt eine Bescheinigung, die sich auf einen bestimmten Auftraggeber bezieht und diesen von dem Einbehalt der Lohnsteuer befreit. Die Oberfinanzdirektion (OFD) Münster hat jetzt in einem Schreiben seine Finanzämter angewiesen, entgegen der teilweise festgestellten Praxis Bescheinigungen nur noch für die nicht unter den Negativkatalog fallenden Mitarbeiter bei Hörfunk oder Fernsehen und nach vorheriger Abstimmung mit dem Finanzamt des Auftraggebers zu erteilen. Die falsch ausgewiesenen Bescheinigungen sind zu widerrufen.

Weitere Konsequenzen
Nicht zu vergessen ist, dass eine steuerliche Einordnung nichts mit der sozialversicherungsrechtlichen Folge und der Prüfung einer Künstlersozialabgabe zu tun hat.

9. Versicherungsbeiträge sind nicht lebensnotwendig

Kernaussage
Werden neben den gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherungen zusätzliche private Versicherungen abgeschlossen, so können diese nicht zusätzlich in vollem Umfang als Sonderabzug geltend gemacht werden, da sie über das Existenzminimum hinausgehen.

Sachverhalt
Ein Ehepaar schloss zusätzlich zu den gesetzlichen Versicherungen eine Risikolebensversicherung, eine Unfallversicherung sowie eine Kapitalversicherung ab. Der gemeinsame Höchstbetrag der steuerlich abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen war bereits durch die gesetzlichen Beiträge überschritten, so dass im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung keine weitere Berücksichtigung der sonstigen Vorsorgeaufwendungen erfolgte. Das Ehepaar beantragte daraufhin, die weiteren Versicherungsbeiträge als Sonderabzug zu berücksichtigen. Diese zählten als notwendige Aufwendungen für ihre Daseinsfürsorge zu den unbeschränkt abziehbaren Sonderausgaben. Das Finanzamt folgte dieser Ansicht nicht und versagte die Berücksichtigung der Ausgaben im Rahmen des Einspruchsverfahrens. Das Ehepaar legte daraufhin Klage vor dem Finanzgericht Baden-Württemberg ein.

Entscheidung
Das Finanzgericht entschied, dass Risikolebens-, Unfall- und Kapitalversicherungen über die Sicherung des existenznotwendigen Lebensbedarfs hinausgehen und deswegen nicht uneingeschränkt im Rahmen des Sonderausgabenabzugs berücksichtigt werden müssen. Es bestehe keine gesetzliche Verpflichtung zum Abschuss derartiger Versicherungen. Zudem seien Risiken wie Alter, Invalidität etc. bereits durch die gesetzlichen Versicherungen abgedeckt. Die getätigten Aufwendungen zielen nach Ansicht der Richter auf den Erhalt des Lebensstandards. Dies rechtfertige keine Kostenbeteiligung durch die Allgemeinheit. Die Erhaltung des Lebensstandards liege im Interesse des Einzelnen und müsse von diesem alleine getragen werden.

Konsequenz
Versicherungen, die zusätzlichen zu den gesetzlichen Versicherungen abgeschlossen wurden, gehen über die bloße Existenzerhaltung hinaus und dienen dem Erhalt des persönlichen Vermögens und Lebensstandards. Die Richter sahen keine Verletzung der durch das Bundesverfassungsgericht in 2008 geforderten unbeschränkten Berücksichtigung von Beiträgen zur sozialhilfegleichen Kranken- und Pflegeversicherung. Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wurde die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zugelassen. Diese ist inzwischen anhängig.

10. Wann wird erneuter Verpflegungsmehraufwand gewährt?

Kernaussage
Verpflegungsmehraufwendungen können nur für die ersten 3 Monate einer Auswärtstätigkeit geltend gemacht werden. Wird eine Auswärtstätigkeit weniger als 4 Wochen unterbrochen, führt die Unterbrechung nicht zum Beginn eines weiteren Dreimonatszeitraums.

Sachverhalt
Ein Unternehmensberater war über mehrere Monate hinweg in einer anderen Stadt für einen Kunden tätig und hielt sich dort regelmäßig 2 bis 4 Tage pro Woche, mit einer einmaligen Unterbrechung von 2 Wochen, auf. An diesen Tagen übernachtete er in einem Hotel. Der Unternehmensberater verbrachte die Wochenenden zuhause und verreiste an den restlichen Tagen zu anderen Kunden oder arbeitete im Büro in seinem Heimatort. Die Beratungszeiten wurden jeweils kurzfristig vereinbart. Der Kläger wurde hierzu immer wieder neu beauftragt. In seiner Steuererklärung machte der Kläger Verpflegungsmehraufwendungen für einen Zeitraum geltend, der über drei Monate hinausging. Dies begründete er damit, dass er sich aufgrund der Unterbrechung nicht ununterbrochen dort aufgehalten habe und die Begrenzung auf die ersten drei Monate einer Auswärtstätigkeit nur im Rahmen von fortlaufenden Vollzeittätigkeiten Anwendung finde. Der Einspruch gegen seinen Einkommensteuerbescheid sowie das anschließende Finanzgerichtsverfahren blieben erfolglos. Letztinstanzlich entschied nun der Bundesfinanzhof (BFH).

Entscheidung
Die Münchener Richter entschieden, dass die Begrenzung auf die ersten drei Monate der Auswärtstätigkeit Anwendung finde, da der Kläger längerfristig vorübergehend an derselben Tätigkeitsstätte aktiv werde. Das Gesetz stelle zudem nicht auf einen ununterbrochenem Aufenthalt ab. Ein erneuter Dreimonatszeitraum komme nur in Betracht, wenn sich der Steuerpflichtige mehr als 4 Wochen nicht an der auswärtigen Arbeitsstätte aufhalte. Dies war im entschiedenen Fall nicht gegeben. Weiterhin wird auch nicht unterschieden, ob die Beauftragung insgesamt vorweg oder kurzfristig erfolgt, da es allein auf die gleichbleibende Tätigkeit, hier Beratungsleistung, ankommt.

Konsequenz
Ein erneuter Verpflegungsmehraufwand kann nicht geltend gemacht werden, wenn der Steuerpflichtige sich ohne Unterbrechung von mindestens 4 Wochen an derselben Tätigkeitsstätte aufhält. Dienstreisen zu anderen Kunden oder Aufenthalte im heimischen Büro führen nicht zum Beginn einer erneuten Dreimonatsfrist. Unerheblich ist darüber hinaus, ob die Aufträge auf einander folgend sind oder insgesamt vorweg vergeben werden. Das Urteil entspricht der ab dem Jahr 2014 anwendbaren Neuregelung des Reisekostenrechts.

11. Auslandskorrespondenten-Tätigkeit ist im Inland steuerfrei

Kernaussage
Wird ein im Inland unbeschränkt steuerpflichtiger Auslandskorrespondent im Ausland über längere Dauer eingesetzt, so sind auch Nebentätigkeiten in angrenzenden Ländern, soweit die Leistung im anderen Staat erbracht wird, nach dem DBA Österreich steuerfrei.

Sachverhalt
Eine Auslandskorrespondentin wurde von ihrem inländischen Arbeitgeber in Österreich eingesetzt. Sie unternahm mehrere Recherchearbeiten in Drittstaaten, erbrachte ihre Leistung (Textverfassung) jedoch in Österreich. Die Veranlagung zur Einkommensteuer erfolgte ebenfalls in Österreich. Das deutsche Finanzamt versteuerte nun zusätzlich sämtliche Einkünfte wegen fehlendem Nachweis der Aufenthaltsdauer in Deutschland. Im Anschluss an einen teilweisen Einspruchserfolgt legte die Steuerpflichtige Klage vor dem Finanzgericht (FG) ein.

Entscheidung
Die Düsseldorfer Richter entschieden, dass das Besteuerrecht für Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit gemäß DBA Österreich beim Österreichischen Staat liegt, wenn von diesem Besteuerungsrecht tatsächlich Gebrauch gemacht macht. Im entschiedenen Fall konnte die Klägerin Einkommensteuerbescheide aus Österreich vorweisen. Das Besteuerungsrecht steht auch hinsichtlich der Tätigkeiten, für die Aufenthalte in anderen Ländern als dem Tätigkeitsstaat notwendig sind, nicht dem Deutschen Staat zu. Der Entscheidung FG liegt im Wesentlich die Begründung zugrunde, dass die schöpferische Leistung ihrer Arbeit durch das Verfassen der Texte in Österreich erbracht wurde. Die Einkünfte sind in Deutschland im Rahmen des Progressionsvorbehalts zu berücksichtigen.

Konsequenz
Die Entscheidung führt zu einer Vereinfachung hinsichtlich des Nachweises des Tätigkeitsorts für journalistisch Tätige. Dienstreisen in andere Länder führen nicht zu einem Wegfall des Besteuerungsrechts des anderen Staates, wenn die die Tätigkeit prägende Leistung weiterhin in dem Tätigkeitsstaat erbracht wird. Hat der Tätigkeitsstaat von seinem Besteuerungsrecht Gebrauch gemacht, können die Einkünfte in Deutschland lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt werden.

12. Benzin statt Diesel im Tank – beteiligt sich das Finanzamt daran?

Kernproblem
Mit der Entfernungspauschale sind sämtliche Kosten für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte abgegolten. Das steht zumindest im Einkommensteuergesetz geschrieben, so dass neben der Pauschale von 0,30 EUR je Entfernungskilometer und unabhängig vom Verkehrsmittel (außer Flugzeuge) alle sonstigen "außergewöhnlichen" Kosten steuerlich unbeachtlich bleiben. Bevor die Entfernungspauschale im Jahr 2001 geschaffen wurde, sah die bis dahin geltende Kilometerpauschale für außergewöhnliche Wegekosten, denen man auf dem Weg zur oder von der Arbeit ausgesetzt ist, eine Abzugsmöglichkeit vor. Viele Gerichte haben sich bereits mit der Frage beschäftigt, ob der Gesetzgeber diese Verschärfung, die so eindeutig im Gesetz steht, überhaupt wollte. Zu einem einheitlichen Ergebnis ist man dabei nicht gekommen. Das Finanzamt möchte zumindest auch beruflich veranlasste Unfallschäden begünstigen. Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) gilt das auch, wenn auf einer Umwegfahrt zum Betanken des Fahrzeugs ein Verkehrsunfall passiert. Aber was ist, wenn Benzin statt Diesel getankt wird und die Folgekosten genauso hoch sind – auch ohne Unfall?

Sachverhalt
Ein Angestellter war auf dem Weg zu seiner Arbeitsstätte beim Tanken unachtsam und hatte den falschen Kraftstoff eingefüllt. Doch damit nicht genug, denn er begann auch die Fahrt, die dann in einer nahe gelegenen Werkstatt endete. Den Motorschaden von ca. 4.300 EUR wollte die Versicherung wegen Verletzung der Sorgfaltspflicht nicht ersetzen. Gleiches warf ihm das Finanzamt vor; zudem sei ein Falschtanken auch kein Unfall, wie es in seiner Entscheidung über die Ablehnung des Antrags meinte. Der Angestellte zog vor das Niedersächsische Finanzgericht. Hier haben sich die Richter umfangreich mit der Geschichte der Vorschrift beschäftigt und ein positives Urteil gefällt.

Entscheidung
Nach Überzeugung des Gerichts entspricht eine großzügigere Auslegung dem objektivierten Willen des Gesetzgebers. Hiernach sollen entsprechend der früheren Regelung wieder außergewöhnliche Wegekosten, wie ein Motorschaden, Diebstahl oder Unfall als Werbungskosten anzugsfähig sein. Andernfalls würde eine überzogene einschränkende Auslegung einem Abzugsverbot gleichkommen und gegen das objektive Nettoprinzip verstoßen.

Konsequenz
Das Finanzgericht hat zwar die Revision zum BFH zugelassen. Ob diese eingelegt wurde, ist noch nicht bekannt. Folglich sollte idealerweise die richtige Tanksäule angefahren werden. Falls das mal schiefgeht bzw. sonstige Motorschäden auf dem Weg zur oder von der Arbeit eintreten oder das Gefährt abhandenkommt, sollte der Werbungskostenabzug mit Verweis auf das Urteil beantragt und das Verfahren offengehalten werden.

13. Pfeildiagramm ist kein Testament

Kernfrage
Ein Erblasser kann ein privatschriftliches Testament errichten. Dafür ist es erforderlich, dass er es insgesamt (mit der eigenen Hand) handschriftlich verfasst, es mit Vor- und Zunamen unterschreibt und datiert. Darüber hinaus soll noch der Ort der Errichtung angeben werden. Die Rechtsprechung wendet diese gesetzlichen Vorgaben restriktiv an. Hintergrund ist, dass insbesondere die Handschriftlichkeit die Echtheit des Testaments bezeugen muss. Darüber hinaus soll die Handschriftlichkeit dazu führen, dass der Erblasser das Testament nicht übereilt, sondern überlegt errichtet hat. Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. hatte jetzt über die Wirksamkeit eines handschriftlichen Testaments, in dem Pfeildiagramme enthalten waren, zu entscheiden.

Sachverhalt
Der Erblasser hatte ein handschriftliches Testament errichtet, in dem seinen Nachlass insbesondere durch ein Pfeildiagramm unter verschiedenen Berechtigten verteilte. Bezogen auf einen Nachlassgegenstand verwies er mittels eines Pfeils auf den Namen einer Person und ordnete so den Nachlassgegenstand dem Erwerber zu. Daneben benutzte er handschriftliche kurze Erläuterungen in Wortform. Der auf der Grundlage dieses Testaments zum Erben Berufene beantragte die Erteilung eines Erbscheins, gegen den die weiteren Bedachten Einwendungen vorbrachten. Im Rahmen des Erbscheinsverfahrens erklärte das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. das Testament für unwirksam.

Entscheidung
Das in Pfeildiagrammform errichtete Testament genüge nicht den Anforderungen des Gesetzes an das handschriftlich errichtete Testament. Auch die vereinzelt erläuternd verwendeten Worte könnten hieran nichts ändern. Zum einen genüge das Testament nicht der Echtheitsfunktion. Insbesondere könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Pfeile des Diagrammes verändert würden, ohne dass die Echtheit des Pfeils mittels Schriftprobenkontrolle überprüft werden könne. Zudem sei bei der Verwendung von Pfeilen von vorneherein deren Erklärungsinhalt unklar. Hinzu komme, dass es in der Form des Pfeildiagramms nicht möglich sei, nachzuvollziehen, ob der Erblasser sich über mögliche Nebenfragen seiner Erbregelung (zum Beispiel Ersatzerben) Gedanken gemacht habe.

Konsequenz
Ein eigenhändiges Testament ist nur dann wirksam, wenn es neben der Einhaltung der gesetzlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen auch vollständig ausformuliert ist. Abkürzungen, Diagramme oder Schaubilder bergen die Gefahr, dass ein Testament insgesamt unwirksam wird.

14. Unterhaltspflicht bei spät aufgenommenem Studium

Kernfrage

Kindesunterhalt wird grundsätzlich so lange geschuldet, bis das Kind seinen Lebensunterhalt selber bestreiten kann. Maßgeblich ist die Bedürftigkeit des Kindes. In der Regel endet die Unterhaltspflicht – unabhängig von Fragen der Höhe des Unterhalts – damit in dem Moment, in dem das Kind eine Berufsausbildung abgeschlossen hat (Lehre oder Studium). Darüber hinaus kann die Unterhaltspflicht auch dann enden, wenn das Kind eigenverantwortlich die Bedürftigkeit herbeiführt, z. B. weil es keine Ausbildung vollendet. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hatte nunmehr über die Voraussetzungen der Unterhaltspflicht zu entscheiden, wenn ein Kind ein Studium nach längerer Zeit (wieder) aufnimmt.

Sachverhalt
Der Vater war seiner Tochter zunächst zum Unterhalt verpflichtet. Die Tochter brach im Jahre 2010 ein erstes Studium ab, begann mehrere Praktika und absolvierte einen längeren Auslandsaufenthalt. Im Herbst 2011 nahm sie ein neues Studium auf und verlangte Unterhalt. Mit seiner Klage wollte der Vater festgestellt wissen, dass seine Unterhaltspflicht mit Abbruch des Studiums im Jahre 2010 weggefallen sei. Seine Tochter habe sich als nicht bedürftig erwiesen, sei zudem zum Studium nicht geeignet und habe durch eigenverantwortliches Handeln ihren Unterhaltsanspruch verwirkt.

Entscheidung
Das Gericht gab dem Vater nur teilweise Recht. Für den Zeitraum zwischen Abbruch des ersten Studiums und Aufnahme des neuen Studiums bestehe die Unterhaltspflicht nicht. Mit Aufnahme des neuen Studiums lebe die Unterhaltspflicht aber wieder auf. Zwar habe ein Kind, das nach der Schule kein Studium oder keine Ausbildung aufnehme, mangels Bedürftigkeit zunächst keinen Unterhaltsanspruch, sondern muss seinen Lebensunterhalt durch eigene Arbeit sicherstellen. Dadurch verliert das Kind aber nicht den grundsätzlichen Unterhaltsanspruch während einer Erstausbildung.

Konsequenz
Die Entscheidung stärkt den Unterhaltsanspruch des Kindes. Letztlich billigt das Gericht dem Kind, wie es in der Urteilsbegründung auch ausführt, eine Orientierungsphase zu, in der das Kind zunächst nach der geeigneten Ausbildung suchen kann. Die Interessen des Elternteils werden dadurch gewahrt, dass ein Studien- oder Ausbildungsabbruch dazu führt, dass das Kind die eigene Arbeitskraft einsetzen muss und der Unterhaltsanspruch ruht.

15. Kindergeld für inhaftiertes und vom Studium beurlaubtes Kind?

Kernaussage
Eltern von Heranwachsenden zwischen 18 und 25 Jahren, die einer Ausbildung nachgehen, steht ein Anspruch auf Kindergeld zu. Eine schädliche Unterbrechung der Berufsausbildung liegt vor, wenn der Heranwachsende später rechtskräftig verurteilt wird, sich in Haft befindet und vom Studium beurlaubt ist.

Sachverhalt
Der Sohn der Klägerin war vom Wintersemester 2003/2004 bis einschließlich zum Sommersemester 2005 von seinem Studium der Rechtswissenschaften beurlaubt, da er wegen Drogenhandels zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt wurde. Die beklagte Familienkasse hob deswegen die Kindergeldfestsetzung auf und forderte die Klägerin auf, das überzahlte Kindergeld zurückzuzahlen. Die hiergegen gerichtete Klage wurde schließlich vom Bundesfinanzhof (BFH) abgewiesen.

Entscheidung
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Kindergeld, denn die Berufsausbildung des Sohnes wurde durch die Untersuchungs- und Strafhaft für den streitbefangenen Zeitraum tatsächlich unterbrochen. Das formale Weiterbestehen des Ausbildungsverhältnisses ist insofern unerheblich. Der Fall ist auch nicht mit einer unschädlichen Unterbrechung der Ausbildung infolge Erkrankung oder Mutterschaft vergleichbar. Ferner scheidet die Vergleichbarkeit mit einem Bezugsfall aus, wonach seinerzeit ein in Untersuchungshaft genommenes Kind ausnahmsweise als weiterhin in Ausbildung befindlich zu behandeln ist, weil es letztlich vom Tatvorwurf freigesprochen worden war. Vorliegend hat der Sohn durch eigenes vorwerfbares Verhalten die Inhaftierung verursacht.

Konsequenz
Wird Kindergeld während einer Untersuchungshaft des Kindes bezogen, muss je nach Ausgang des Strafverfahrens mit einer Rückforderung durch die Familienkasse gerechnet werden. Es empfiehlt sich daher eine frühzeitige Anzeige.

16. Neues zum gewerblichen Grundstückshandel

Kernproblem
Der Verkauf von Immobilien, die im Rahmen der privaten Vermögensbildung angeschafft und verwaltet worden sind, löst nach Ablauf der Spekulationsfrist in der Regel keine Ertragsteuern aus. Innerhalb der Spekulationsfrist kommt es zur Belastung mit Einkommensteuer. Veräußert ein Steuerpflichtiger aber innerhalb von 5 Jahren mehr als 3 Objekte (Grundstück, Eigentumswohnung oder (Groß)-Immobilie) nimmt die Finanzverwaltung einen sogenannten Gewerblichen Grundstückshandel an. Folge ist, dass die Einkünfte insgesamt als gewerblich qualifiziert werden und erzielte Gewinne jetzt auch noch gewerbesteuerpflichtig werden.

Sachverhalt
Aufgrund hoher Steuerschulden hatte das Finanzamt im Arrestwege die Immobilien eines Steuerpflichtigen mit Sicherungshypotheken belastet. Zu einer Zwangsversteigerung ist es jedoch nicht gekommen, da das Finanzamt einen freihändigen Verkauf der Immobilien gestattet hatte. Trotz des dann vollzogenen Verkaufs von mehr als 3 Objekten innerhalb von 5 Jahren und der damit erfüllten Indizwirkung für einen gewerblichen Grundstückshandel, hat der Steuerpflichtige einen solchen nicht erklärt. Die seinerseits erworbenen Wohnungen sollten langfristig vermietet werden, gab er an.

Entscheidung
Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs (BFH) liegt ein gewerblicher Grundstückshandel vor. Der BFH hat nochmals klargestellt, dass die persönlichen oder finanziellen Beweggründe für die Veräußerung von Immobilien unerheblich sind. Dies gilt auch für wirtschaftliche Zwänge wie z. B. die Ankündigung von Zwangsmaßnahmen durch einen Grundpfandgläubiger.

Konsequenz
Die bedingte Veräußerungsabsicht kann nur durch objektive Umstände widerlegt werden; persönliche oder finanzielle Beweggründe scheiden aus. Der Steuerpflichtige kann objektive Umstände nur in zeitlicher Nähe zum Erwerb derart gestalten, dass sie eine spätere Veräußerung wesentlich erschweren oder unwirtschaftlicher machen. Als Beispiele kann auf eine langfristige Finanzierung oder langfristige Vermietungen verwiesen werden, da Vorfälligkeitsentschädigungen, Inkaufnahme einer durch die Vermietung bedingten Wertminderung oder "Auskaufen" des Mieters die Veräußerung erschweren. Gleiches gilt für die Einräumung von Nießbrauchsrechten.

17. Anpassung von Genussscheinbedingungen nach EAV-Abschluss

Kernaussage
Bei den Genussrechten handelt sich um ein gesetzlich nicht geregeltes Wertpapier. Die konkrete Ausgestaltung variiert daher. Enthalten die Genussscheinbedingungen keine Regelung für den Fall, dass das emittierende Unternehmen als abhängige Gesellschaft einen Gewinnabführungsvertrag abschließt, sind die Ausgabebedingungen der Genussscheine ergänzend auszulegen und anzupassen.

Sachverhalt
Die Parteien streiten um die Bedienung von Genussscheinen nach Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages. Die Klägerin ist Eigentümerin von 22 Genussscheinen der Beklagten. Diese hatten eine Laufzeit bis zum 31.12.2012. In den Genussscheinbedingungen wird u. a. geregelt, dass die Inhaber eine dem Gewinnanteil der Aktionäre vorgehende jährliche Ausschüttung aus dem Bilanzgewinn erhalten. Durch die Ausschüttung darf aber kein Bilanzverlust entstehen. Ferner nehmen die Inhaber am laufenden Verlust in voller Höhe teil. Im Zusammenhang mit einer Verschmelzung schloss die Beklagte einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag ab. Die außenstehenden Aktionäre der Beklagten erhielten deshalb einen Ausgleich und eine Abfindung je Stückaktie. Im Jahr 2009 entstand für die Beklagte ein fiktiver Jahresfehlbetrag, der allerdings durch Erträge aus Verlustübernahmen aufgrund des Gewinnabführungsvertrags ausgeglichen wurde. Zahlungen auf die Genussscheine leistete die Beklagte daher nicht. Außerdem kürzte sie die Rückzahlungsansprüche der Genussscheininhaber. Die hiergegen gerichtete Klage hielt der Bundesgerichtshof (BGH) für begründet.

Entscheidung
Infolge des von der Beklagten abgeschlossenen Gewinnabführungsvertrages ist die Klägerin als Genussscheinberechtigte in ähnlicher Weise schutzbedürftig wie ein außenstehender Aktionär. Enthalten die Genussscheinbedingungen keine Regelung für den Fall des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrages, so sind sie entsprechend anzupassen. Die ergänzende Vertragsauslegung hat konkret so auszusehen, dass auf die Genussscheine die vollen ursprünglich vorgesehenen Ausschüttungen erbracht werden müssen, unabhängig von der künftigen Ertragslage. Die Rückzahlungsansprüche dürfen nicht herabgesetzt werden, sofern die Prognose hinsichtlich der Ertragsentwicklung der Gesellschaft bei Abschluss des Gewinnabführungsvertrages entsprechend positiv war.

Konsequenz
Es empfiehlt sich, bereits bei der Ausgabe von Genussscheinen vertraglich zu regeln, wie im Falle des Abschlusses von Unternehmensverträgen zu verfahren ist.

18. Auf Urlaubsabgeltung kann verzichtet werden

Kernfrage
Die gesetzlichen Urlaubsansprüche stellen unverzichtbare Ansprüche des Arbeitnehmers dar. Mit anderen Worten, ein Verzicht des Arbeitnehmers hierauf wäre unwirksam. Bei Beendigung des Arbeitsverhältnisse wandelt sich nicht genommener Urlaub in einen Abgeltungsanspruch um, der dann wie Lohn an den Arbeitnehmer auszuzahlen ist. Das Bundesarbeitsgerichts (BAG) hatte nunmehr – im Rahmen der Überprüfung einer sogenannten Ausgleichsquittung – darüber zu entscheiden, ob dieser Urlaubsabgeltungsanspruch ebenfalls ein unverzichtbarer Anspruch ist, weil er sich aus dem Urlaubsanspruch ableitet.

Sachverhalt
Der Kläger hatte sich nach langjähriger Erkrankung mit seinem Arbeitgeber auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Form eines Auflösungsvertrages geeinigt. Bestandteil der Auflösung war auch eine Ausgleichsquittung, die vorsah, dass mit dem Auflösungsvertrag sämtliche wechselseitigen Ansprüche abgegolten und erledigt sein sollten. Nach Abschluss des Auflösungsvertrages klagte der Kläger seine nicht genommenen Urlaubsansprüche aus der Zeit seiner Krankheit als Urlaubsabgeltungsanspruch in Geld ein.

Entscheidung
Der Kläger unterlag vor dem BAG. Zwar sei es richtig, dass der Kläger wegen seiner Erkrankung seine Urlaubsansprüche nicht insgesamt verloren habe. Mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses hätten diese sich aber in Abgeltungsansprüche umgewandelt, die selbständige, vom Urlaubsanspruch unabhängige Ansprüche darstellen. Damit konnte der Arbeitnehmer auf diese Abgeltungsansprüche verzichten, was er mit der Ausgleichsquittung auch getan habe.

Konsequenz
Die Entscheidung beantwortet eine der letzten Fragestellungen rund um das Thema des Erhalts von Urlaubsansprüchen bei Langezeiterkrankten. Wird das Arbeitsverhältnis beendet, wandeln sich alle Urlaubsansprüche in Abgeltungsansprüche um und werden damit zu verzichtbaren Ansprüchen, die im Rahmen einer Ausgleichsquittung erledigt werden können.

19. Beschränkte Haftung von Scheinselbständigen

Rechtslage
Scheinselbständigkeit ist ein Problem, das Wechselwirkungen in Sozialversicherung und Arbeitsrecht auslöst. Der vermeintlich Selbständige ist arbeitsrechtlich mit allen Rechten und Pflichten Arbeitnehmer und sozialversicherungspflichtig beschäftigt. In einer Entscheidung zur Haftung von Scheinselbständigen hat das Landesarbeitsgericht Hessen jetzt die Voraussetzungen für die Stellung einer "arbeitnehmerähnlichen Person" konkretisiert. Die Richter haben diesen Personen die Haftungsprivilegien von Arbeitnehmern, die nur wegen grober Fahrlässigkeit und nur unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses haften, eröffnet.

Sachverhalt
Der Kläger war seit Jahren als selbständiger Schlosser auf der Grundlage eines freien Dienstvertrages beschäftigt gewesen. Dabei war er nahezu ausschließlich für ein Unternehmen beschäftigt, unterlag dort den Weisungen der Vorgesetzten und hatte im Übrigen außerhalb dieses Unternehmens kein eigenes Büro. Seine Leistungen stellte er auf Stundenbasis in Rechnung. Bei Schweißarbeiten, die der Selbständige durchführte, kam es zu einer Explosion, die einen erheblichen Schaden verursachte und für die das Unternehmen den Selbständigen nach allgemeinen Regelungen auf Schadensersatz in Anspruch nahm.

Entscheidung
Nachdem der Rechtstreit an die Arbeitsgerichte verwiesen worden war, wurde die Klage in weiten Teilen abgewiesen. Der beklagte Selbständige sei als arbeitnehmerähnliche Person einzustufen. Dies folge aus seiner nahezu ausschließlichen Tätigkeit für das Unternehmen und seiner Weisungsabhängigkeit. Hierauf komme es aber im konkreten Fall gar nicht an, weil auch arbeitnehmerähnliche Personen wie Arbeitnehmer nur ab dem Grad der groben Fahrlässigkeit und unter Berücksichtigung ihrer persönlichen Verhältnisse haften. Zwar sei das Verhalten des Beklagten grob fahrlässig gewesen, seine Haftung sei aber – wie bei Arbeitnehmern – zu beschränken, um zu verhindern, dass der Beklagten in den Ruin getrieben werde. Im Rahmen einer Einzelfallprüfung ergab sich somit im konkreten Fall eine Haftung in Höhe dreier durchschnittlicher Monatsgehälter.

Konsequenz
Die Entscheidung hat weitreichende Konsequenzen, weil sie auch arbeitnehmerähnliche Personen dem privilegierten Haftungssystem der Arbeitnehmer unterstellt. Gerade Selbständige könnten dann, wenn sie zu sehr in einen Betrieb eingegliedert werden, in den Genuss dieser Haftungsprivilegien gelangen. Angesichts dieser Reichweite hat das Gericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache auch die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

20. BMF duldet günstigere Bewertungsmethode für Sachbezüge

Kernproblem
Bezieht ein Arbeitnehmer Einnahmen, die nicht in Geld bestehen (sog. Sachbezüge), sind diese vom Arbeitgeber zu bewerten und unterliegen der Lohnsteuer. Dabei gelten 2 Bewertungsmethoden: Gehören die gewährten Vorteile zur typischen Liefer- oder Leistungspalette des Arbeitgebers (z. B. das Brötchen beim Bäcker), dann greifen zu Gunsten des Arbeitnehmers ein Bewertungsabschlag von 4 % und zusätzlich ein Rabattfreibetrag von jährlich 1.080 EUR. Grundlage dafür ist allerdings nicht der günstigste Marktpreis, sondern der Preis, zu dem der Arbeitgeber die Waren oder Dienstleistungen seinen Kunden allgemein anbietet. Das war bisher der ausgezeichnete Preis. Dagegen richtet sich die zweite Bewertungsmethode nach den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort. Das ist der günstigste Preis am Markt und kann auch allgemein zugängliche Internetangebote einbeziehen. Das Finanzamt will im Fall von Personalrabatten nur die erstgenannte Methode anwenden, obwohl das trotz Bewertungsabschlag und Freibetrag ungünstiger sein kann. Dem hat der Bundesfinanzhof (BFH) jedoch widersprochen.

BMF-Schreiben nach Änderung der Rechtsprechung
Der BFH hat seine Rechtsprechung im vergangenen Jahr weiterentwickelt. Wesentlich ist, dass sich der Preis bei der Bewertung von Personalrabatten nach dem am Ende von Verkaufsverhandlungen stehenden letzten Angebot richtet. Damit sind auch übliche Rabatte abzuziehen. Alternativ lässt jetzt auch endlich das Bundesfinanzministerium (BMF) in seinem neuen Erlass eine günstigere Bewertung mit dem Marktpreis zu. Aber was bedeutet das in der Praxis? Der Arbeitgeber kann das bisherige Bewertungsverfahren beibehalten und berücksichtigt zudem seine üblichen Rabatte. Der Arbeitnehmer kann dann im Veranlagungsverfahren einen günstigeren Marktpreis nachweisen und den bisher versteuerten Arbeitslohn korrigieren. Natürlich kann diese Arbeit bereits der Arbeitgeber beim Lohnsteuerabzug übernehmen und den Nachweis als Beleg zum Lohnkonto nehmen.

Beispiel des BMF
Ein Möbelhändler, der seinen Kunden üblicherweise 10 % Rabatt einräumt, verkauft an einen Arbeitnehmer im Januar einen Schrank und im Februar eine Couch für je 3.000 EUR. Die Möbel sind mit je 5.000 EUR ausgezeichnet. Der Händler kann vom Preis nach Rabatt von je 4.500 EUR den Bewertungsabschlag von 4 % abziehen und kommt damit auf 4.320 EUR, so dass der Vorteil 1.320 EUR beträgt. Nach Abzug des Freibetrags ist ein Arbeitslohn von 240 EUR (Schrank) und 1.320 EUR (Couch) zu versteuern. Kann der Arbeitnehmer im Veranlagungsverfahren den Couchpreis eines anderen Händlers für 4.000 EUR nachweisen (z. B. aus dem Internet, aber zeitgleich mit dem Kauf), ist eine Kürzung des Arbeitslohns um 320 EUR möglich.

Zeitliche Anwendung
Die günstigere Regelung kann in allen offenen Fällen angewendet werde.

21. Eigenanteil des Arbeitnehmers beim Dienstwagen richtig vereinbaren

Kernproblem
Wird dem Arbeitnehmer ein Dienstwagen überlassen, der auch für Privatfahrten, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte oder Familienheimfahrten anlässlich einer doppelten Haushaltsführung genutzt werden kann, muss ein geldwerter Vorteil versteuert werden. Hierfür kommen die 1 %-Regel oder die Fahrtenbuchmethode in Betracht. Wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer aber nicht komplett von allen Fahrzeugkosten befreien möchte, kann er eine Kostenbeteiligung vereinbaren. Soll sich diese auch steuerlich zugunsten des Arbeitnehmers auswirken, ist Vorsicht geboten.

Neue Verwaltungsanweisung
Zuzahlungen des Arbeitnehmers zum Dienstwagen können auf den zu versteuernden Nutzungswert angerechnet werden. Das gilt auch für Zuschüsse zu den Anschaffungskosten des Wagens im Zahlungsjahr. Beteiligt sich der Arbeitnehmer an laufenden Kosten, sind gewisse Spielregeln zu beachten, die die Finanzverwaltung in einem neuen BMF-Schreiben veröffentlicht hat. Pauschal oder entsprechend der tatsächlichen Nutzung bemessene Nutzungsentgelte mindern den Nutzungswert, müssen jedoch arbeitsvertraglich oder aufgrund einer anderen arbeits- oder dienstrechtlichen Rechtsgrundlage vereinbart sein. Denkbar sind nutzungsunabhängige Monatspauschalen, nach den tatsächlichen Fahrten bemessene Kilometerpauschalen oder übernommene Leasingraten. Eine Anrechnung kann nicht zu negativem Arbeitslohn oder Werbungskosten führen. Nicht angerechnet wird dagegen die Übernahme einzelner Kfz-Kosten, wie z. B. für Treibstoff, Versicherung oder Wagenwäsche. Das gilt mit Wirkung ab dem 1.7.2013 auch für Einzelkosten, die zunächst vom Arbeitgeber z. B. mittels Tankkarte verauslagt und anschließend weiterbelastet werden. Ebenso steuerlich ungenutzt bleiben pauschale Abschlagszahlungen des Arbeitnehmers, die im Nachhinein nach den tatsächlich entstandenen Einzelkosten abgerechnet werden.

Konsequenz
Wird z. B. ein pauschales Nutzungsentgelt von 0,20 EUR je privat gefahrenem Kilometer vereinbart, mindert dies den Nutzungswert bei der 1 %- und Fahrtenbuchmethode. Dagegen läuft ein individuell ermitteltes Entgelt in Höhe der privat veranlassten Treibstoffkosten bei der 1 %-Methode komplett ins Leere und mindert beim Fahrtenbuch lediglich die zu verteilenden Gesamtkosten. Wird ein Pauschalbetrag mit einem individuellen Kostenanteil verknüpft, bleibt nur die Pauschale anrechenbar. Konsequenz der neuen Verwaltungsauffassung sollte sein, bestehende Vereinbarungen zu überprüfen und ggf. weiterbelastete Einzelkosten durch eine Pauschalierung zu ersetzen.

22. Restschuldbefreiungsverfahren wird verkürzt

Rechtslage
Der Bundestag hat Mitte Mai das Gesetz zur Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens und zur Stärkung der Gläubigerrechte beschlossen. Künftig soll nun für insolvente natürliche Personen ein wirtschaftlicher Neustart schneller möglich sein; sie sollen sich früher als bislang möglich von ihren restlichen Schulden befreien können.

Schnellere Restschuldbefreiung
In allen nach dem 1.7.2014 beantragten Verfahren soll eine Restschuldbefreiung bereits nach 3 Jahren – und nicht wie bislang nach 6 Jahren – möglich werden, wenn der Schuldner innerhalb dieses Zeitraums mindestens 35 % der Gläubigerforderungen sowie die Verfahrenskosten begleichen kann. Dem Schuldner soll hierdurch ein Anreize gesetzt werden, möglichst viel zu bezahlen, um die frühzeitige Restschuldbefreiung zu erlangen. Dies kommt auch den Gläubigern zugute: Anstatt nach 6 Jahren leer auszugehen, erhalten sie nach 3 Jahren einen signifikanten Teil ihrer Forderungen. Eine vorzeitige Restschuldbefreiung ist zudem nach 5 Jahren vorgesehen, wenn zumindest die Verfahrenskosten beglichen werden können. Im Übrigen bleibt es bei der derzeitigen Dauer des Restschuldbefreiungsverfahrens von 6 Jahren.

Insolvenzplanverfahren auch für Verbraucherinsolvenzen
Zudem eröffnet der Gesetzesentwurf das Insolvenzplanverfahren für das Verbraucherinsolvenzverfahren, d. h. es wird den Gläubigern künftig möglich sein, maßgeschneiderte Pläne zur Bewältigung der Verbraucherinsolvenz auszuhandeln und in Gestalt eines Insolvenzplans zu beschließen. Da ein solcher Plan auch vorsehen kann, dass der Schuldner von seinen restlichen Verbindlichkeiten befreit wird, kann der Verbraucher in diesen Fällen auch ohne das Durchlaufen eines Restschuldbefreiungsverfahrens in den Genuss einer Entschuldung kommen.

Stärkung der Gläubigerrechte
Die Wahrnehmung der Gläubigerrechte ist, gerade wenn es um die Erteilung der Restschuldbefreiung geht, teilweise beschwerlich. Die praktischen Schwierigkeiten führen dazu, dass zuweilen die Restschuldbefreiung erteilt wird, obwohl Versagungsgründe vorliegen. Mit den Maßnahmen zur Stärkung der Gläubigerrechte soll dies künftig verhindert werden. Unter anderem ermöglicht das Gesetz zukünftig den Gläubigern, einen Antrag auf Versagung der Restschuldbefreiung jederzeit schriftlich zu stellen. Ein solcher Antrag muss spätestens im Schlusstermin vorliegen oder gestellt werden. Damit soll auch die Akzeptanz des Instituts der Restschuldbefreiung unter den Gläubigern weiter verbessert werden.

23. Deutsch-französischer Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft ab 1.5.13

Kernaussage
Seit dem 1.5.2013 steht deutschen und/oder französischen Ehepaaren/Lebenspartnern mit der Wahl-Zugewinngemeinschaft ein neuer Güterstand zur Auswahl. Dieser stellt eine Kombination aus der deutschen Zugewinngemeinschaft und der französischen Errungenschaftsgemeinschaft dar.

Hintergrund
Während in Deutschland die Zugewinngemeinschaft der gesetzliche Güterstand ist, ist dies in Frankreich die Errungenschaftsgemeinschaft. Die Unterschiede der beiden gesetzlichen Güterstände sind erheblich. Die Zugewinngemeinschaft bedeutet nämlich Gütertrennung während des Bestehens der Ehe und Ausgleich des Zugewinns nach Beendigung des Güterstandes. Bei der Errungsenschaftsgemeinschaft gehört das während der Ehe erworbene Vermögen von Beginn an beiden Partnern. In der Vergangenheit führte der gesetzliche französische Güterstand insbesondere bei dem Erwerb in Deutschland belegender Grundstücke häufig zu Schwierigkeiten, da dieser Güterstand dem deutschen Recht unbekannt ist und die rechtlichen Folgen schwer einzuordnen sind. Ein neuer Güterstand soll an dieser Stelle Abhilfe schaffen.

Gesetzliche Regelung
Die nun im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelte Wahl-Zugewinngemeinschaft orientiert sich an dem Güterstand der deutschen Zugewinngemeinschaft. So bleiben die Vermögen der Partner während der Ehe getrennt, die Zugewinne werden bei Beendigung des Güterstandes jedoch ausgeglichen. Als französische Besonderheit wurde allerdings aufgenommen, dass Schmerzensgeld und zufällige Wertsteigerungen von Immobilien nicht im Zugewinnausgleich berücksichtigt werden. In der Zugewinngemeinschaft nach deutschem Recht wurden zuvor nur Schenkungen und Erbschaften beim Zugewinnausgleich nicht berücksichtigt. Der neue Güterstand ist für beinahe jedes Paar wählbar. Einzige Voraussetzung ist, dass nach den Regeln des Internationalen Privatrechts französisches oder deutsches Recht auf den Güterstand eines Paares anzuwenden ist.

Konsequenz
Die deutsch-französische Wahl-Zugewinngemeinschaft bietet (insbesondere binationalen) Ehepaaren eine unkompliziertere Alternative zu den bisherigen Güterständen. Mit dieser Regelung wird im Ergebnis in den Vertragsstaaten ein gemeinsames materielles Recht geschaffen, welches die mit der Errungenschaftsgemeinschaft nach französischem Recht verbundenen Schwierigkeiten löst.

24. Kein Auskunftsanspruch des abgelehnten Bewerbers wegen AGG Ansprüchen

Kernfrage
Die Frage, ob ein abgelehnter Bewerber gegen den Arbeitgeber einen Auskunftsanspruch darauf hat, dass ihm die Gründe mitgeteilt werden, wegen derer er nicht eingestallt worden ist, war lange umstritten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte zwischenzeitlich entschieden, dass es einen ausdrücklichen Auskunftsanspruch nicht gibt, die Auskunftsverweigerung aber Indizwirkung für eine Diskriminierung haben könne. Dies wiederum könne Schadenersatzansprüche aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) eröffnen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Frage nunmehr für Deutschland entschieden.

Sachverhalt
Die 45jährige, aus Russland stammende Klägerin hatte sich bei ausreichender Qualifikation auf eine Stelle beworben, war aber nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden. Das Auskunftsverlangen nach den Gründen ihrer Nichtberücksichtigung lehnte der Arbeitgeber ab. Daraufhin machte die Klägerin ihr Auskunftsverlangen gerichtlich geltend. Nachdem der EuGH entschieden hatte, dass es zwar keinen Auskunftsanspruch gebe, die Auskunftsverweigerung aber Indiz für eine Diskriminierung sein könne, machte die Klägerin Schadensersatzansprüche geltend. Sie behauptete, wegen ihres Geschlechts und Alters sowie ihrer Herkunft diskriminiert worden zu sein, was durch die Auskunftsverweigerung indiziert sei. Das BAG wies diese Klage nunmehr ab.

Entscheidung
Die Richter urteilte auf der Grundlage der Entscheidung des EuGH, dass es auch nach deutschem Recht keinen Auskunftsanspruch des abgelehnten Bewerbers gebe. Darüber hinaus erkannte das BAG zwar an, dass die Auskunftsverweigerung gegebenenfalls ein Indiz für eine Diskriminierung sein könne. Für sich genommen sei die Auskunftsverweigerung aber nicht ausreichend, um Schadensersatzansprüche darauf stützen zu können. Mit anderen Worten, es müssten weitere Indizien für eine Diskriminierung vorliegen, die von der Klägerin aber nicht vorgetragen werden konnten. Daher wies das Gericht die Klage ab.

Konsequenz
Die Entscheidung ist positiv. Zum einen bestätigt sie die Nichtexistenz eines Auskunftsanspruchs, zum anderen lässt sie aber auch keinen Auskunftsanspruch "durch die Hintertür" zu, weil die Auskunftsverweigerung eben nicht alleine ausreichend ist, um Schadensersatzansprüche auszulösen.

25. Übernachtung zu 7 %, Frühstück zu 19 %: kann es dabei bleiben?

Kernaussage
Über das Steuergeschenk der Regierung an Hoteliers, in dem ab dem ab 2010 der Steuersatz für Übernachtungen auf 7 % gesenkt wurde, wurde viel diskutiert. Nicht thematisiert wurde dabei, ob die Regelung überhaupt rechtskonform ist, sofern es die Beibehaltung des Regelsteuersatzes für das mit der Übernachtung in Verbindung stehende Frühstück betrifft. Anfängliche Zweifel wurden mit Einführung der Regelung seitens des Bundesfinanzministeriums (BMF) als unzutreffend abgetan. Ein Urteil des Finanzgerichts (FG) Münster hat die Frage, wenn auch in anderem Zusammenhang, nun wieder aufgegriffen.

Sachverhalt
Ein Reiseveranstalter, der spätere Kläger, bot Pauschalreisepakete für Reisen ins EU-Ausland an, die neben der Unterbringung auch die Verpflegung der Reisenden umfasste. Strittig war, ob die Verpflegung, soweit sie an Unternehmer erbracht wurde, in Deutschland steuerbar war. Der Kläger qualifizierte die Verpflegung als unselbständige Nebenleistung zur Unterbringung. Sie war demnach am Belegenheitsort des jeweiligen Hotels steuerbar, also nicht in Deutschland. Das Finanzamt hingegen sah in der Verpflegung eine selbständige Leistung, die im Inland zu versteuern ist. Hiergegen wandte sich der Kläger.

Entscheidung
Das FG Münster teilt die Ansicht des Klägers, dass die Verpflegung als Nebenleistung zur Unterbringung nicht in Deutschland steuerbar ist.

Konsequenz
Das FG folgt einem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH), dass vom BMF mit einem Nichtanwendungserlass belegt worden war. Das FG sieht angesichts des vorliegenden Urteils des BFH zurecht auch keinen Anlass, die Revision zuzulassen. Es ist allerdings darauf hinzuweisen, dass das Urteil lediglich die Frage der Besteuerung in Deutschland betraf. Wird dies verneint, weil der Umsatz im Ausland steuerbar ist, so muss in der Praxis die dortige steuerliche Erfassung geprüft werden. Ferner ist dem Urteil des BFH zufolge die Aussage, dass die Verpflegung als Nebenleistung zur Unterbringung zu qualifizieren ist, nicht nur auf Reiseveranstalter beschränkt; sie betrifft z. B. auch Hoteliers. Da Nebenleistungen umsatzsteuerlich das Schicksal der Hauptleistung teilen, muss sich nicht nur der Ort der Besteuerung der Verpflegung an der Hauptleistung orientieren, sondern auch der Steuersatz. Es ist daher fraglich, ob der Steuersatz von 19 % insbesondere für das Frühstück im Hotel aufrecht erhalten werden kann. Die nun zu erwartende Diskussion und möglichen Gerichtsverfahren hätten vermieden werden können, wenn auf diese wenig sinnvolle Ausnahmeregelung verzichtet worden wäre.

26. Abgrenzung Werkvertrag oder unzulässige Arbeitnehmerüberlassung

Kernfrage
Die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung, also das Verleihen von Arbeitnehmern, war seit je her genehmigungspflichtig. Seit Ende 2011 haben sich die Zulässigkeitsvoraussetzungen noch verschärft. Gleichzeitig ist das Umgehen einer Arbeitnehmerüberlassung durch den Abschluss von Werkverträgen, nicht zuletzt um Lohnkosten zu senken, ein häufiges Mittel, das in letzter Zeit regelmäßig medial thematisiert worden ist. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg hatte jetzt über die Abgrenzung zwischen einem zulässigen Werkvertrag und einer unzulässigen, weil ohne Genehmigung ausgeübten, Arbeitnehmerüberlassung zu entscheiden.

Sachverhalt
Die Klägerin war bei einem Unternehmen beschäftigt, das seinerseits mit einem Schlachthof einen Werkvertrag geschlossen hatte, nach der das Unternehmen für den Schlachthof Verpackungsleistungen erbrachte. Dabei erhielt die Klägerin von ihrem Arbeitgeber einen Lohn der um ein Drittel niedriger lag, als der Lohn der Verpackungsmitarbeiter des Schlachthofs. Mit ihrer Klage machte sie Ansprüche auf Zahlung des Lohns der Schlachthofmitarbeiter geltend. Ihre Klage begründete sie damit, dass der Schlachthof durch seine Mitarbeiter bestimmt habe, wie ihre Arbeit eingeteilt werde, welche Arbeiten sie zu verrichten habe und auch im Übrigen ihr gegenüber weisungsberechtigt gewesen sei.

Entscheidung
Das Gericht gab der Klägerin Recht, weil kein Werkvertrag vorgelegen habe. Vielmehr lag im Verhältnis des Arbeitgebers zum Schlachthof eine Arbeitnehmerüberlassung vor. Maßgeblich für die Abgrenzung sei dabei das Weisungsrecht und die Eingliederung in den Schlachthofbetrieb. Insbesondere die Tatsache, dass die Klägerin nach dem Bedarf und auf Weisung des Schlachthofs eingesetzt worden sei, spreche dagegen, dass der Arbeitgeber der Klägerin ein eigenes Werk gegenüber dem Schlachthof geschuldet habe. Hinzu komme, dass es darüber hinaus so gewesen sei, dass der Schlachthof unmittelbare Weisungskompetenz über die Klägerin gehabt habe, was für eine Eingliederung in den Schlachthofbetrieb spreche und gegen die Annahme eines Werkvertrags, bei dem die Klägerin Weisungen von ihrem eigenen Arbeitgeber erhalten hätte.

Konsequenz
Die Entscheidung macht deutlich, dass die Abgrenzung zwischen Arbeitnehmerüberlassung und Werkvertrag nicht in den vertraglichen Abreden zwischen den Unternehmen liegt, sondern in der tatsächlichen Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses und dem täglichen Arbeitsleben. Kommt es hier zu Eingliederung bzw. zum Wechsel des Weisungsrechts, dann wird ein Werkvertrag nicht mehr anzunehmen sein.

27. Erfolgreiche Klage wegen überlanger Dauer eines Finanzgerichtsverfahrens

Kernaussage
Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren im Dezember 2011 haben die Verfahrensbeteiligten die Möglichkeit, die unangemessene Dauer eines solchen Verfahrens zu rügen und hierfür Wiedergutmachung, ggf. auch in Form einer Geldentschädigung, zu erlangen. Für Entschädigungsklageverfahren aus dem Bereich der Finanzgerichtsbarkeit ist in erster und letzter Instanz der Bundesfinanzhof (BFH) zuständig.

Sachverhalt
Der BFH hat nun eine erste Sachentscheidung auf der Grundlage dieser neuen gesetzlichen Regelungen getroffen und im konkreten Fall eine Verfahrensverzögerung festgestellt, dem Kläger allerdings nicht die beantragte Geldentschädigung zugesprochen. Das – eher einfach gelagerte – Ausgangsverfahren war mehr als 6 Jahre beim Finanzgericht anhängig. Während eines Zeitraums von fünfeinhalb Jahren war das Finanzgericht weitestgehend untätig geblieben.

Entscheidung
Für die Entscheidung dieses Verfahrens konnte sich der BFH auf die Feststellung beschränken, dass die Verfahrensverzögerung durch das Finanzgericht sich "in der Nähe" des vom Kläger genannten Zeitraums von 4 Jahren bewegt hat. Nähere Festlegungen zu der im Regelfall noch als angemessen anzusehenden Dauer finanzgerichtlicher Verfahren brauchte der BFH noch nicht zu treffen, da er von der Festsetzung einer Geldentschädigung abgesehen und die Entschädigungsklage insoweit abgewiesen hat. Dies beruhte darauf, dass der Kläger vor dem Finanzgericht in seiner eigenen, zu Beginn des dortigen Verfahrens eingereichten Klagebegründung Tatsachen vorgetragen hatte, aus denen sich zweifelsfrei ergab, dass seine Klage unbegründet war.

Konsequenz
Steht die Erfolglosigkeit eines Verfahrens für jeden Rechtskundigen von vornherein fest, ist dessen Verzögerung für den Beteiligten objektiv nicht von besonderer Bedeutung. Dies rechtfertigt es, statt der begehrten Geldentschädigung Wiedergutmachung im Wege einer entsprechenden feststellenden Entscheidung zu leisten.


Für Rückfragen stehen wir Ihnen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen



Stephan Gißewski

Steuerberater


Ulmenweg 6-8 - 32760 Detmold
Tel.: 05231 / 933 460
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